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24h-HELPLINE
044 350 04 04
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Die Stiftung Frauenhaus Zürich engagiert sich seit 45 Jahren für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder. Neben dem Betrieb des Frauenhauses Zürich Violetta und des Nachbetreuungsangebots Vista Nova sind wir auch im Bereich Prävention und Bildung tätig. Wir informieren als Fachstelle über häusliche Gewalt, machen Öffentlichkeitsarbeit, bieten Referate zum Thema an und sind im politischen und sozialen Umfeld aktiv, um die Situation gewaltbetroffener Frauen und ihren Kindern und besonders auch von Migrantinnen zu verbessern.
«Gewalt fängt nicht an, wenn einer einen erwürgt. Sie fängt an, wenn einer sagt: ‹Ich liebe dich, du gehörst mir! ›»
Das Zitat von Erich Fried bringt es auf den Punkt: Häusliche Gewalt beginnt früh und häufig subtil.
Definition
«Häusliche Gewalt liegt vor, wenn Personen innerhalb einer bestehenden oder aufgelösten familiären, ehelichen oder eheähnlichen Beziehung physische, psychische oder sexuelle Gewalt ausüben oder androhen.» (GSG § 2 Abs. 1)
Häusliche Gewalt umfasst verschiedene Formen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt zwischen Personen jeden Geschlechts und Alters:
Weitere Formen häuslicher Gewalt
Wen betrifft häusliche Gewalt?
Häusliche Gewalt findet meistens innerhalb der Familie und des Haushalts statt – dort, wo wir eigentlich Geborgenheit, Liebe und Sicherheit erwarten.
Oft wird häusliche Gewalt in einer Paarbeziehung ausgeübt. Sie findet aber auch zwischen Personen statt, die nicht (mehr) im selben Haushalt wohnen oder in einer anderen familiären Beziehung zueinander stehen. Auch Gewalt vom Ex-Partner, zwischen Vater und Sohn, zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter, unter Geschwistern usw. gilt als häusliche Gewalt.
Gewalt von Frauen gegenüber ihren Partnern oder Partnerinnen ist ebenfalls eine Realität, doch Frauen erleben sehr viel häufiger häusliche Gewalt durch Männer. Über 70 Prozent der Gewaltbetroffenen sind Frauen und Mädchen. Auch von sexueller Belästigung sind zu über 90 Prozent Frauen betroffen, während die Gewalt fast ausschliesslich von Männern ausgeübt wird.
Alle zwei Wochen stirbt in der Schweiz eine Person infolge häuslicher Gewalt; davon sind 75 Prozent Frauen und Mädchen. Die offiziellen Zahlen zu häuslicher Gewalt in der Schweiz sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Vieles bleibt im Verbogenen.
Zahlen zu häuslicher Gewalt in der Schweiz
Siehe auch: Wie häufig ist häusliche Gewalt?
Auch Kinder und Jugendliche erleben Formen von Gewalt und sexuellem Missbrauch durch ihre Väter oder Mütter, durch Verwandte und ihnen vertraute Personen. Kinder und Jugendliche sind von häuslicher Gewalt immer mitbetroffen, sei es direkt oder indirekt durch das Miterleben von Gewalt unter Erwachsenen. Indirekte Gewalterfahrungen können für Kinder und Jugendliche ebenso traumatisierend sein wie Gewalt, die sie selber erleben.
Oft werden Gewalterfahrungen transgenerational weitergegeben. Transgenerational meint die meist unbewusste Weitergabe traumatischer Erfahrungen an nachfolgende Generationen. So kann es sein, dass nachfolgende Generationen an Traumafolge-Symptomen leiden, ohne dass sie das Trauma selbst erlebt haben.
Einige der Hauptmerkmale von häuslicher Gewalt
Mit dem Ausdruck «Gewaltkreislauf» wird ein typisches Muster bezeichnet, nach dem sich häusliche Gewalt respektive Gewalt in Paarbeziehungen vollzieht.
Der Begriff geht auf Lenore E. Walker zurück («The Battered Woman», 1980, deutsch: «Warum schlägst du mich?», 1994).
Der Gewaltkreislauf besteht vereinfacht gesagt aus drei Phasen: (1) Spannungsaufbau, (2) Gewaltausbruch, (3) Zuwendung, Reue, Versöhnung. Das bedeutet, dass sich häusliche Gewalt meistens nicht plötzlich ereignet, sondern am Ende einer Phase, während die Spannungen und Konflikte in der Beziehung kontinuierlich zugenommen haben. Die gewaltausübende Person wird in dieser Zeit zunehmend kontrollierender, gereizter oder aggressiver; die gewaltbetroffene Person versucht oftmals vergebens, die Situation zu entschärfen und sich den Forderungen anzupassen. Schliesslich eskaliert die Spannung in einem Ausbruch von körperlicher, verbaler, emotionaler und/oder sexueller Gewalt.
Nach der Gewalttat folgt häufig eine Phase, in der die gewaltausübende Person Reue zeigt und besonders fürsorglich ist. Manchmal wird das schädliche Verhalten auch geleugnet. In dieser Phase der Versöhnung scheint häufig ein Neuanfang stattzufinden. Doch wenn die zugrundeliegenden Probleme nicht angegangen werden (Eifersucht, Kontrollverhalten, fehlende Emotionsregulation, unverarbeitete Traumata usw.), kommt es bald zu weiteren Spannungen und Gewaltausbrüchen.
Der Kreislauf kann über Jahre hinweg andauern, da die betroffenen Personen immer wieder Hoffnung schöpfen. Oft normalisieren sie die Gewalt und geben sich die Schuld daran. Aus Scham verheimlichen sie ihr Leiden vor anderen.
Das Muster wird auch als Gewaltspirale bezeichnet, da die Ausbrüche oft immer häufiger und schwerer werden. Auch die Auswirkungen auf die Person, die häusliche Gewalt erleiden muss, werden mit jedem Gewaltausbruch schwerwiegender.
Es ist wichtig, diese Dynamik zu kennen, um zu verstehen, weshalb Frauen oft lange bei ihrem gewaltausübenden Partner bleiben und es ihnen schwerfällt, aus der Gewaltspirale auszusteigen. Manchmal kehren sie sogar nach einem Aufenthalt im Frauenhaus zum Partner zurück in der neuerlichen Hoffnung, dass nun alles besser wird.
Warum bleibt eine Frau bei ihrem gewalttätigen Partner?
Ohne Hilfe von aussen, ob durch nahestehende Personen oder durch Fachpersonen, ist es für die Betroffenen sehr schwierig, die gewaltgeprägte Beziehung und den Gewaltkreislauf zu verlassen. Oft dauert dieser Prozess mehrere Jahre, braucht viele Anläufe und starke Unterstützung von aussen.
Ursachen und Einflussfaktoren von häuslicher Gewalt
Wie häufig ist häusliche Gewalt?
Häusliche Gewalt kommt häufig vor. Weltweit erlebt jede dritte bis vierte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt in der Partnerschaft (WHO 2013).
In der Schweiz verzeichnete die polizeiliche Kriminalstatistik im Jahr 2023 insgesamt 19’918 Straftaten im Bereich häusliche Gewalt. Dabei kam es zu 25 Tötungsdelikten. Dies entspricht fast der Hälfte aller polizeilich registrierten Tötungsdelikte in der Schweiz (Total: 53) und bedeutet, dass in der Schweiz alle zwei Wochen eine Person infolge häuslicher Gewalt stirbt. 16 Tötungsdelikte ereigneten sich in einer aktuellen oder ehemaligen Partnerschaft. Es handelte sich dabei um 14 Frauen und zwei Männer. Hinzu kommen zahlreiche Fälle der Gewalt gegen Kinder.
Die Situation im Kanton Zürich
Allein im Kanton Zürich muss die Polizei rund 20 Mal pro Tag wegen häuslicher Gewalt ausrücken. Sie erlässt täglich drei Gewaltschutzverfügungen.
Häusliche Gewalt ist strafbar! Verschiedene nationale, kantonale sowie internationale Gesetze regeln die Straftatbestände in der Schweiz sowie das Recht auf Schutz und Unterstützung der gewaltbetroffenen Personen und ihrer Kinder. Die Unterstützung umfasst medizinische, psychologische, juristische und finanzielle Soforthilfe sowie auch langfristige Hilfsangebote.
Das Opferhilfegesetz (OHG)
Seit 1993 gibt es in der Schweiz das «Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten» (Opferhilfegesetz, OHG). Das OHG beschreibt die Rechte von Personen, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität beeinträchtigt wurden. Recht auf Unterstützung durch die Opferhilfe haben auch Personen, die der gewaltbetroffenen Person nahestehen, namentlich ihre Kinder. Die Opferhilfe umfasst:
Wer häusliche Gewalt erlebt, hat also das Recht auf Schutz sowie auf sofortige professionelle medizinische, psychologische und juristische Unterstützung. Die kantonalen Opferberatungsstellen organisieren bei Bedarf auch eine Unterkunft, zum Beispiel im Frauenhaus, und übernehmen die Kosten dafür. Im Kanton Zürich wird die Notunterkunft im Frauenhaus für die ersten 35 Tage finanziert (mit Antragsmöglichkeit auf Verlängerung). Das Recht auf Leistungen der Opferhilfe besteht unabhängig davon, ob eine Strafanzeige erfolgte.
Das Gewaltschutzgesetz (GSG) im Kanton Zürich
Neben den im ZGB geregelten Gewaltschutzmassnahmen gibt es auch auf kantonaler Ebene Gesetze für den Erlass von Gewaltschutzmassnahmen. Im Kanton Zürich gilt seit 2007 das Gewaltschutzgesetz (GSG), wonach die Polizei «die zum Schutz notwendigen Massnahmen» anordnen kann. Dank diesen Massnahmen kann eine akute Gewaltsituation gestoppt und die gewaltbetroffene Person geschützt werden. Die Polizei kann für jeweils 14 Tage drei Arten von Schutzmassnahmen anordnen:
Gewaltschutzgesetz (GSG) im Kanton Zürich
Das Strafgesetzbuch (StGB)
Im Schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB) ist häusliche Gewalt nicht als eigener Straftatbestand definiert. Das StGB führt jedoch Straftatbestände auf, die dem Bereich der häuslichen Gewalt zugeordnet werden können:
Das Zivilgesetzbuch (ZGB)
Das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) regelt die Unterstützung und den langfristigen Schutz gewaltbetroffener Personen auf nationaler Ebene. Im ZGB sind auch die Gewaltschutzmassnahmen geregelt. Diese bestehen in einem Annäherungsverbot, einem Kontaktverbot und/oder der Wegweisung aus der ehelichen Wohnung. Die betroffene Person muss dafür beim zuständigen Zivilgericht einen Antrag stellen. Das ZGB umfasst auch Kindesschutzmassnahmen für den Fall von häuslicher Gewalt gegen Kinder.
Das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG)
Das «Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration» (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) umfasst auch Bestimmungen zum Schutz von Personen, die in der Schweiz von häuslicher Gewalt betroffen sind und nicht über die Schweizer Nationalität verfügen. Häusliche Gewalt kann bei einer Trennung ein ausschlaggebender Grund dafür sein, dass die gewaltbetroffene Person eine eigenständige, vom Partner unabhängige Aufenthaltsbewilligung erhält (Art. 50).
Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG)
Die Istanbul-Konvention
Das «Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt» (kurz Istanbul-Konvention) wurde 2011 verabschiedet. Das Abkommen umfasst die vier Handlungsfelder Gewaltprävention, Gewaltschutz, Strafverfolgung und Zusammenarbeit der verschiedenen relevanten Player. 2018 hat sich auch die Schweiz verpflichtet, die in der Istanbul-Konvention festgelegten Bestimmungen zu erfüllen. 2022 haben der Bund, die Kantone und Gemeinden in einem Nationalen Aktionsplan konkrete Massnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention festgelegt.